Christen in Indien feiern den Dezember als Festmonat. Der ganze Dezember ist Weihnachtszeit. Advent wird nicht besonders abgegrenzt. Chöre und Gemeindegruppen gestalten Singgottesdienste und ziehen abends –in den Dörfern auch nachts- vor die Häuser der Christen zu Singen. So hören auch die Nichtchristen die frohe Botschaft. Viele Christen hängen vor ihre Häuser beleuchtete Sterne.
Weihnachten ist das Fest der Gemeinde, nicht der Familie. Weihnachten wird in der Kirche gefeiert mit langen schönen Gottesdiensten. Die Kirchen werden mit duftenden Jasmingirlanden festlich geschmückt, in den Dörfern auch mit Luftballons und Papierschlangen. Der Weihnachtsbaum hat keinen großen Stellenwert und ist nur Dekoration; Adventskränze sind unbekannt. Als Weihnachtbaum dienen die Kasarinen, die aber bei der indischen Hitze schnell vertrocknen. In den Städten gibt es nun auch künstliche Weihnachtbäume und Krippen. Wer es sich leisten kann, stellt beides auf. Weihnachtgeschenke sind unbekannt. Aber jeder/jede möchte sich an Weihnachten neu einkleiden. Viele Gemeinden schenken den armen Witwen neue Sarees. Sehr beliebt ist in Öl gebackenes Süßzeug, das auch an nicht-christliche Nachbarn verteilt wird.
Auch im Gründler Hostel werden Anfang Dezember Sterne aufgehängt und es beginnt reges Treiben zur Vorbereitung der Weihnachtsfeier. Die guten Sänger ziehen in zwei Nächten mit Laternen durch Tranquebar zum Carol-Round-Singen. Sie sammeln dabei auch Geld für die Gemeinde. Die Verteilung der neuen Hemden und Hosen ist eine feierliche Handlung. Ein großes Festessen und Süßzeug darf nicht fehlen. Höhepunkt ist die Weihnachtsfeier, zu der auch Eltern und Honoratioren eingeladen werden. Ein Ehrengast spricht über die Bedeutung der Geburt Christi. Dann sind die Jungens dran mit vielen Liedern, Tänzen, sportlichen Darbietungen und Sketches. Vor dem Krippenspiel gibt es meist ein kleines Theaterstück mit sozialem Inhalt, von den Jungen selbst geschrieben. Meist handelt es sich um einen bösen Vater, der dem Alkohol verfallen ist. Es gibt aber ein Happy End. Er wird durch die Gebete seiner Frau und der Kinder bekehrt und gelobt, als guter Christ zu leben. In einem Stück wurde ein reicher böser Grundherr bekehrt. Er behandelte seine Landarbeiter sehr schlecht und beutete sie aus. Dann hatte er einen Motorradunfall und lag blutend an der Straße. Seine armen kastenlosen Landarbeiter brachten ihn ins Krankenhaus und boten sogar ihr Blut für die Transfusion an. Das erschütterte den harten Mann und er gelobte ein neues Leben.
Beim Krippenspiel folgt man ganz dem biblischen Text. Auch die Berufung des Joseph (Matth 1, 18ff) wird dargestellt, in Deutschland selten. Die Weisen erscheinen oft als Magier mit langen Fernrohren. Herodes bringt seinen ganzen Hofstaat mit und bricht nach dem Wegzug der Weisen in diabolisches Gelächter. Bei den Hirten dürfen lebendige Ziegen nicht fehlen. Höhepunkt ist die Anbetung der Weisen. In gemessenem Schritt ziehen sie nacheinander zur Krippe –durch den ganzen Zuschauerraum. Für jeden Weisen gibt es eine besondere Liedstrophe. Dann betet jeder einzeln an. Zuerst legt er sein Geschenk vor dem Kind nieder. Dann wirft er die Hände hinter den Kopf, streckt sie langsam nach vorn, beugt dabei den ganzen Körper, so dass die Handflächen und die Stirn die Erde berühren. In der Bibel heißt es von der Anbetung der Weisen: „Sie fielen nieder und beteten es (das Kind) an.“ Die Prokynese, das Sich-Niederwerfen vor der Gottheit, ist in allen Religionen Indiens lebendig. Auch Christen beten oft mit gebeugtem Leib, wobei die Stirn den Erboden berührt. Ziel des Krippenspiels in Indien ist: Der Zuschauer soll erkenne, dass in dem Kind in der Krippe Gott selbst gegenwärtig ist. Die Anbetung der Weisen macht das auch denen deutlich, die die Worte nicht ganz verstehen. Die Feier schließt mit dem Lied „Herbei, o ihr Gläubigen“, wobei bei dem Refrain „O lasset uns anbeten“, die Kinder, vor allem die Jungen, so laut und begeistert singen, dass man es eigentlich in Deutschland hören müsste!!!