Evangelische Christuskirchengemeinde 
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Kirche anders

Die neue Mitte - Die Predigt

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In der Predigt waren sich Stöhr und Neumeier zunächst einig, dass sie sich als Christen an Jesus orientieren wollen. Wie politisch oder gar revolutionär Jesus war, ist dabei aber bereits Definitionssache. Stöhr betonte, dass Jesus grundsätzlich alle Gewalt ablehnte und – anhand einer ihm gestellten Steuerfrage – betonte, man solle dem Kaiser geben was ihm gebührt. Neumeier stimmte dem zu, ergänzte aber die revolutionäre Gesellschaftshaltung Jesu bei seinem Kontakt mit unterschiedlichsten Randgruppen seiner Zeit und seine provokante Freiheit im Umgang mit den Geboten. Dieser Jesus sei für ihn als Politiker tatsächlich Richtschnur, bekannte Stöhr. In diesem Sinne verstehe er auch das „C“ in seiner Partei nicht als Ausschluss Andersgläubiger, sondern als Werteorientierung und Kompass. Ein wenig Neid klang durch, als er bekannte, dass Jesus es nicht nötig gehabt habe, auf Mehrheitsmeinungen und Umfragen Rücksicht zu nehmen.

Klaus Neumeier begründete die Notwendigkeit zum „politischen Menschsein“ auf zweifache Weise: Das griechische Wort „politeia“ bezeichne alles, was Bürgerschaft, Staat und Gesellschaft betreffe – in diesem Sinne gehe es um mehr als um Parteipolitik und alle Menschen der Gesellschaft seien aufgefordert, das Allgemeinwohl im Blick zu haben und in diesem Sinne politisch zu sein. Das gelte für Christen in besonderer Weise. Zwar bedeute Christsein zunächst, sein Vertrauen auf Gott zu setzen, „jedoch sind wir von Gott selbst auf die Schöpfung und unsere Mitmenschen verwiesen“. Neumeier sprach vom Auftrag, die Schöpfung zu bewahren und zu gestalten und vom Gebot der Nächstenliebe, das einen Christen immer mitten in die Welt verweise. „Ein Rückzug aus der Welt ist gegen Gottes Willen und nicht evangeliumsgemäß“, so der Pfarrer mit klaren Worten.

Zum Miteinander von Kirche und Staat, Glaube und Politik betonten beide übereinstimmend die Absicht einer guten Nachbarschaft und Kooperation und führten dazu verschiedene lokale und gesamtgesellschaftliche Beispiele an. Bürgermeister Stöhr wies darauf hin, dass der Wille zur Kooperation mit Kirchen und anderen freien Trägern zum Beispiel im Kita-Bereich auch in der Wetterauer Umgebung nicht selbstverständlich sei. Neumeier ergänzte, dass genau dies aber von den Verfassungsvätern mit dem Subsidiaritätsprinzip ausdrücklich gewollt worden sei: Die öffentliche Hand solle nur dann Aufgaben selbst ausführen, wenn keine geeigneten freien Träger zur Verfügung stünden. In diesem Sinne wünschte sich Neumeier gerade auf lokaler Ebene eine Kommune, „die sich nicht in erster Linie als (Selbst-)Macher begreift, sondern als Ermöglicher und Vernetzer“. 
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Im Weiteren benannte der Pfarrer seinen Wunsch, dass gerade christliche Politikerinnen und Politiker aus dem Heiligen Geist heraus agieren – auch in allem parteipolitischen Ringen: dynamisch, kreativ, „aber immer auch versöhnend“. Klaus Neumeier: „Menschen, die dies auch im politischen Alltag wirklich beherzigen, haben meinen großen Respekt“. Als Oberhaupt der Stadt wünschte Thomas Stöhr engagierte Mitbürger und „eine lebendige Gemeinde“. – Dies hörten die Mitglieder der Christuskirchengemeinde gewiss gerne.

Mehr noch als in der Predigt ging es bei „Frage und Antwort“ um sehr konkrete Vilbeler Verhältnisse und Sylvia Becker-Pröbstel und Steffen Kreiling hatten viele Fragen aus dem Publikum vorzulesen. Bereits in seiner Predigt hatte Dr. Stöhr betont, dass bei allen politischen Meinungsverschiedenheiten „persönliche Herabsetzungen vermieden werden sollten“. Dies bewog mehrere Fragesteller zu einem Verweis auf Verhaltensformen des Vilbeler Ehrenstadtrat Minkel und die Frage, wie Herr Stöhr diese mit seiner Haltung vereinbaren könne. Stöhr wies darauf hin, dass er persönlich mit dem früheren CDU-Vorsitzenden keine schlechten Erfahrungen gemacht habe. Minkel war aus Verärgerung über eine Stellungnahme Neumeiers zur „Büchereibrücke“ vor zwei Jahren aus der Evangelischen Kirche ausgetreten. Klaus Neumeier betonte zu einer anderen Frage, es wäre viel gewonnen, wenn gesellschaftliche Fragen immer in einer Atmosphäre gegenseitiger Wertschätzung wie an diesem Nachmittag bei Kirche anders ausgetragen werden würden – und erhielt dafür starken Beifall aus dem Publikum.

Lutz Rosenkranz 
 


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