Puh, ganz schön anstrengend. So gerne man im Alltag vom home office träumt, so belastend ist es, wenn man gleichzeitig die Kinder hüten und beschulen muss. Zumindest nehme ich das als einen tiefen Seufzer bei vielen Familien wahr, mit denen ich im (selbstverständlich digitalen) Kontakt stehe. In anderen Lebenssituationen ist es nicht anders: Lieferketten funktionieren nicht mehr reibungslos. Ansprechpartner sind in Quarantäne nicht zu erreichen. Und wie sicher kann ich mir sein, dass die Läden morgen nicht doch geschlossen werden?
Von dem Theologen Reinhold Niebuhr ist ein schönes Gebet überliefert, von dem viele nur den ersten Teil kennen. "Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden." In dem Gebet um Gelassenheit finden sich viele in unseren Tagen wieder. Aber das Gebet geht noch weiter, wie ich selbst heute lernen durfte...
"Einen Tag nach dem anderen zu leben, einen Moment nach dem anderen zu genießen. Entbehrung als einen Weg zum Frieden zu akzeptieren, sie anzunehmen, wie Jesus es tat: diese sündige Welt, wie sie ist, und nicht, wie ich sie gern hätte, zu vertrauen, dass Du alles richtig machen wirst, wenn ich mich Deinem Willen hingebe, sodass ich in diesem Leben glücklich sein möge und im nächsten Leben für immer überglücklich."
Auf einmal scheint die Gelassenheit nicht nur eine Möglichkeit, mit den Widrigkeiten des Alltags umzugehen - Stichwort: Resilienz - sondern als ein Weg zum Heil. Ich darf mich fallen lassen und dem anvertrauen, der größer ist als alles. Ich darf glauben, dass er "Gedanken des Friedens" über uns hat, wie es tröstlich in Jeremia 29,11 heißt. Vielleicht willst Du, wollen Sie die Verse Jer 29,11-14 mal nachlesen? Geschrieben sind sie in einer Krise, in der ein Prophet von Gott sagt, dass er die Menschen nicht alleine lässt, so übel es auch um sie herum aussieht - und so viel Schuld sie auch selbst auf sich geladen haben.
Ein Lied, in dem diese Gelassenheit und der Weg zum Heil für mich aufscheinen - es ist mein erklärtes Lieblingslied im Evangelischen Gesangbuch - ist das Lied "Der Tag, mein Gott, ist nun vergangen" unter der Nummer EG 266. Dort heißt es in der fünften Strophe: "So sei es, Herr: die Reiche fallen, dein Thron allein wird nicht zerstört; dein Reich besteht und wächst, bis allen dein großer, neuer Tag gehört."
Wie wunderschön: Was auch immer geschieht - und manches spricht dafür, dass unsere Welt nach der Krise nicht ganz dieselbe sein wird wie zuvor - Gott bleibt der Herr über alles. Und dass er alles in seinen Händen hält, nutzt er nicht gegen uns Menschen aus, sondern um uns mit hineinzunehmen in das Gute, das er schaffen will und wird, auch durch Krisen hindurch. Die Melodie des Liedes in dem abgedruckten vierstimmigen Satz ist übrigens besonders heilsam, wie ich finde; wer alleine nicht vierstimmig singen kann, findet bei Youtube gute Hörbeispiele (z.B. hier). ;o)
Wie dem auch sei: Ich wünsche Dir, Ihnen und uns allen, dass wir Gelassenheit (neu) lernen, nicht nur um in der Krise stabil zu bleiben, sondern auch, um darin im Sinne Niebuhrs einen Weg zum Frieden, zum Heil zu erahnen.
Mit allen guten Segenswünschen grüßt Sie und Euch
Pfr. Ingo Schütz
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