ZACK spricht mit Mrs. Thanapackiam, die im Juni 2017 zum zweiten Mal zu Besuch in Deutschland war.
Helen Thanapackiam ist 1952 in einem kleinen Dorf in der Nähe von Madurai geboren und leitet das Kinderheim in Kamuthi in Südindien
ZACK: Liebe Frau Thanapackiam, wie geht es Ihnen in Deutschland?
Mrs. Thanapackiam: Es geht mir sehr gut, vor allem weil ich immer wieder Leute treffe, die ich schon kenne. Zum Beispiel beim Straßenfest bin ich vielen Bekannten begegnet. Und es war ein besonderes Erlebnis, die Quellenkönigin zu treffen. Schön ist, dass es dieses Mal hier so warm ist.
ZACK: Sie sind bei uns als Leiterin des Kinderheims in Kamuthi. Nur wenige aus Bad Vilbel haben die Arbeit dort mit eigenen Augen sehen können. Beschreiben Sie uns, was dort geschieht.
Mrs. Thanapackiam: Kamuthi liegt ganz im Süden von Indien in einer sehr trockenen Region. Gerade viele ärmere Familien können ihren Kindern keine drei Mahlzeiten am Tag geben. Manchmal bringen uns die Familien die Kinder ins Heim, manchmal sammelt sogar die Regionalregierung die Kinder ein und bringt sie zu uns ins Heim.
ZACK: Warum ist das Heim für die Kinder so wichtig? Die meisten sind ja keine Vollwaisen, haben also noch zumindest einen Elternteil. Warum leben sie trotzdem im Heim?
Mrs. Thanapackiam: Neben der Ernährung ist es für die Kinder unglaublich wertvoll, dass sie bei uns Schule und Erziehung erhalten und dort auch sicher leben können. All das ist in Indien nicht selbstverständlich. In Tamil Nadu ist Missbrauch in aller Form sehr viel verbreiteter als in Deutschland. Viel Missbrauch geschieht vor allem durch Verwandte selbst. In der Schule lernen sie zumindest ein wenig Selbstbewusstsein, um sich hoffentlich wehren zu können.
ZACK: Wie sind Sie zu der Arbeit mit den Kindern und für die Kinder gekommen?
Mrs. Thanapackiam: Ich wurde selbst von der schwedischen Mission ausgebildet und habe von denen gelernt, mich um die ärmeren Kinder zu kümmern. Ich habe als Lehrerin in der Schule begonnen, nach 13 Jahren wurde ich Leiterin der Schule und bin seit 1997 auch Leiterin des Kinderheims selbst.
ZACK: Was sind gegenwärtig die größten Herausforderungen für das Heim und für Ihre Arbeit?
Mrs. Thanapackiam: Die Regierung von Tamil Nadu gibt sehr viele Regeln und Gesetze gerade für die freien Träger von solchen Einrichtungen. Alle Häuser müssen heute nach strengen Vorgaben registriert werden. Hier gibt es für uns jetzt klare Vorgaben für die Verstärkung von Häusern, vor allem für die älteren. Wenn das erfolgt ist, werden wir die Registrierung für die nächsten Jahre hoffentlich bekommen; wir arbeiten dafür und wir beten dafür.
ZACK: Sie sind Christin in Indien und damit in einer Minderheit. Was bedeutet Ihnen Ihr Glaube?
Mrs. Thanapackiam: Ich möchte eine glaubwürdige Christin sein. Andere sollen erkennen, dass ich auf Gott vertraue. Wir als Christen möchten Vorbilder für andere in unserer Gesellschaft sein, nicht zuletzt in unserem Heim selbst, wo ja nahezu alle Kinder aus Hindu-Familien kommen. Ich selbst und unsere Arbeit sind sehr bekannt in der Umgebung und es wissen alle, dass wir Christen sind. Auch bei den Geschäften bekommen wir immer wieder Kredit, weil die Menschen mir vertrauen und deswegen auch helfen.
ZACK: In Deutschland wird Glaube meist nicht so selbstverständlich gelebt. Wie erleben Sie das als indische Christin, wenn Sie hier bei uns Gottesdienste und Kirchen besuchen?
Mrs. Thanapackiam: Die Menschen, denen ich in der Gemeinde begegne, sind eigentlich sehr ähnlich wie wir. Sie leben ihr Christsein glaubwürdig und erkennbar. Auch in 2012 beim großen Jubiläumsfest der Christuskirche war ich sehr beeindruckt von der Freundlichkeit der Menschen hier. Dass die Menschen hier weniger in Gottesdienste gehen erlebe ich natürlich auch; auch in Schweden habe ich das so wahrgenommen. Das wäre in Indien nicht vorstellbar. Wer Christ ist, der geht sonntags in den Gottesdienst.
ZACK: Sie sind nach 2012 zum zweiten Mal in Bad Vilbel. Was bedeutet Ihnen eine solche Verbindung in eine ganz andere Welt und Kultur?
Mrs. Thanapackiam: Es ist so wichtig, dass wir unsere unterschiedlichen Lebensweisen teilen und mitteilen. Unsere Kinder haben zum Beispiel Weihnachtsbriefe geschrieben und Bilder gemalt. Die Kinder so werden ermutigt durch die Besuche aus Deutschland – sowohl durch die Freiwilligen wie Marit Debé (sie lebte und arbeitete nach ihrem Abitur für ein halbes Jahr als Freiwillige in Kamuthi) als auch durch die Besuche von Uschi Szczes und anderen aus Bad Vilbel.
ZACK: Liebe Frau Thanapackiam, wir danken Ihnen sehr für dieses Gespräch und wünschen Ihnen Gottes Segen für Ihre wertvolle Arbeit in Indien.