Orgel traf Saxophon in der Christuskirche
Auf eine musikalische Zeitreise begaben die Besucher der Christuskirche in Bad Vilbel. Dabei wurden sie von Petra Weismantel am Saxophon und Geraldine Groenendijk an der Orgel vom Barock über die Romantik und den Impressionismus bis in die Gegenwart geführt und zum Abschluss sogar von einer Gesangseinlage der vielseitigen Saxophonistin überrascht.
Für viele Besucher war das eine noch unbekannte Begegnung zweier Instrumente. Die traditionsreiche Orgel trifft das junge jazzige Saxophon – am Samstag sogar mit Sopran- und Alt-Saxophon doppelt vertreten. Was haben sich diese beiden klanglich einzigartigen Gattungen zu erzählen? Geraldine Groenendijk und Petra Weismantel präsentierten musikalisch virtuos und vielseitig welch harmonische Synergie sich aus diesem Treffen hervorzaubern lässt.
Dabei starteten sie mit Telemanns Sonate in c-Moll mit Literatur, die noch vor der Geburt des Saxophons - eigentlich für Orgel und Oboe – geschrieben wurde. Die weichen tragenden Klänge der Orgel wurden dabei wunderbar vom Sopran-Saxophon gefüllt. Mit Guilmant, Vierne und Bozza wurde besonders der französischen Literatur Aufmerksamkeit zuteil. So war auch einer der Höhepunkte des Abends die Aria von Eugène Bozza, mit der der Franzose die malerische Landschaft der Provence auf impressionistische Art zu zeichnen versucht.
Besonders beeindruckte auch die Cantilène Pastorale von Guilmant. Wie von Groenendijk in ihrer Anmoderation erläutert, ist dieses Stück mit dem Untertitel „Souvenir“ Guilmants Vater gewidmet. Musikalisch beschreibt Guilmant dabei durch die zwischen Orgel und Saxophon wechselnden Motive ein Vater-Sohn-Verhältnis, bei dem der Sohn zunächst das Erlernte einfach wiedergibt und zunehmend eigene Motive und Interpretationen hervorbringt.
Mit Stanely Weiner und den beiden Sätzen Ballade und Rondo stellten die beiden Musikerinnen auch einen jüngeren amerikanischen Komponisten vor, der bereits mit 22 Jahren von Leonard Bernstein zum Konzertmeister des New York City Symphony Orchestras berufen wurde. Gronendijk und Weismantel brachten die leicht atonalen Klänge wunderbar zu Gehör. Inbesondere die sportlich agilen Läufe und Wechsel des Rondos brachten eine angenehme Frische in den Abend.
Das gut einstündige Programm wurde durch die beiden solistischen Orgelstücke von Vierne angenehm gegliedert und ermöglichte es der Saxophonistin nach den sehr schnellen Läufen ihren Ansatz zu schonen. Denn im finalen Stück „Sonata for Saxophon and Organ Nr.1“ von Denis Bédard wurde dieser wieder in moderner und überraschend abwechslungsreicher Weise eingesetzt. Bédards dreiteilige Sonate startete zunächst mit einer bunten „Invention“, also einem Einfall, der im weiteren Verlauf ausgearbeitet wurde. Die anschließende „Barcarolle“ machte ihrem Namen, der sich vom italienischen Fischerboot „barca“ ableitet, alle Ehre und überzeugte durch ruhige Wellenmetaphern und fließende Läufe. Der dritte Teil „Humoresque“ machte den beiden Musikerinnen sichtlich Freude und brachte einen fröhlich leichten Abschluss des wohl balancierten Programms.
Das begeisterte Publikum wurde jedoch nicht ohne Zugabe in den Abend entlassen. Hier überraschte Petra Weismantel von der Orgel begleitet mit einer Kombination aus gesanglicher Interpretation und saxophonischer Improvisation zu John Lennons „Imagine“. Wie auch Pfarrer Dr. Klaus Neumeier betonte, umfasste diese hervorragende Kombination zweier junger Musikerinnen nicht nur einen musikalischen Hochgenuss, sondern gab einen fröhlich Denkanstoß, der zu dieser Zeit und der bevorstehenden Wahlwoche in den USA besser nicht hätte passen können.