Ostern 1999: Zum ersten Mal fährt eine Bad Vilbeler Konfirmandengruppe für neun Tage auf ein Seminar nach Oberursel-Oberstedten. Anstelle des traditionellen wöchentlichen Unterrichts hatten sich 31 Teenies auf ein neues Konzept eingelassen: Gespräche und Erfahrungen über die Bibel, über Glaubensfragen, über das Leben als Christen…
Ausgearbeitet hatte das inhaltliche Programm eine Gruppe um Pfarrer Dr. Klaus Neumeier und Gemeindepädagogin Martina Radgen von der Christuskirchengemeinde. Acht Arbeitseinheiten entlang des christlichen Gottesverständnisses mit Vater, Sohn und Heiligem Geist bilden seitdem die Grundlage für die Haupteinheiten an den Vormittagen. Theatereinstiege in der Gesamtgruppe, Gespräche und kreative Elemente in Kleingruppen ergänzen einander und bringen Glaubensaussagen und Leben unserer Zeit zusammen. In „Ich-Einheiten“ geht es um das eigene Leben der Konfirmandinnen und Konfirmanden: Wie und durch welche Menschen bin ich zu dem Menschen geworden, der ich heute bin…
Phantasiereisen helfen dabei, Wege zum Ich zu finden und benennen zu können. Sehr kreativ geht es dann bei der Vorbereitung des eigenen Vorstellungsgottesdienstes zu: Von Anfang an wurde ein gesamtes Bandequipment im Tagesraum aufgebaut und animiert die Jugendlichen, moderne christliche Lieder selbst instrumental zu begleiten. Eigene Kurzfilme, Theaterstücke, eine eigene Predigt, die thematisch ausgerichtete Dekoration der Kirche, Gebete, Segensworte – der gesamte Gottesdienst wird von den Jugendlichen selbst entwickelt, dies beginnt mit der eigenen Auswahl des Themas. Diese Art der Vorstellungsgottesdienste hat frühere Konfirmandenprüfungen abgelöst. An den Abenden gibt es Spiele, einen Filmabend, Gäste und natürlich die Andacht in der hauseigenen Kapelle, die auch bereits zum Tagesbeginn und am Mittag für kürzere Gebets- und Lobpreiseinheiten aufgesucht wurde.
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„Natürlich wurde dieses Programm in den zwanzig Jahren immer weiterentwickelt. Aber die Grundstruktur hat sich bewährt“ beschreibt Klaus Neumeier die Struktur der Seminargestaltung und Martina Radgen ergänzt: „Neu dazu gekommen sind nach einigen Jahren Ausflüge in diakonische Einrichtungen im Frankfurter Raum. Dort erleben wir, wie christliches Wirken in unserer Gesellschaft ganz konkret aussehen kann – oder auch ein Gottesdienstbesuch in der Ortsgemeinde in Oberstedten“. Fest ins Programm gehört auch der Blick über den Tellerrand: Die weltweiten Kontakte der Kirchengemeinden kommen an einem Erlebnisabend in den Blick, wenn frühere Freiwillige der Projekte in Indien, Guatemala oder Südafrika von ihren Erlebnissen berichten und beispielweise einheimische Speisen für alle mitgebracht haben.
Bereits nach den ersten beiden Seminaren wurde der Rahmen des Seminars erweitert: Pfarrer Klaus Lehrbach von der Ev. Kirchengemeinde Dortelweil war erstmals mit eigenen Konfirmanden dabei. Ein Jahr später übernahm dies Gemeindepädagoge Dirk Nising, der seitdem bis heute immer dabei war und die win-win-Situation beschreibt: „Alleine könnten wir ein solches erlebnisorientiertes Seminar nicht durchführen. Die Jugendlichen profitieren sehr von dieser inzwischen sehr bewährten Kooperation und können in der größeren Gruppe Erfahrungen machen, die in einem wöchentlichen Unterricht und in kleinen Gruppen so nicht möglich wären.“
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Tatsächlich baut auf der gemeinsamen Konfirmandenarbeit dieser beiden Gemeinden die gesamte miteinander verantwortete große Jugendarbeit auf. Klaus Neumeier: „Unsere gemeinsame Jugendmitarbeitergruppe wäre ohne das Konfiseminar auf Dauer nicht vorstellbar. Die Kooperation mit dem Ev. Jugendwerk Hessen, die vielen Freizeiten, Kinder- und Jugendgruppen und -gottesdienste, Aktionen wie das Heavenscamp – all das basiert letztlich auf den gemeinsamen Erlebnissen des Konfiseminars.“ So ist es kein Wunder, dass gerade die Konfirmandenarbeit demnächst auch über diese beiden Gemeinden hinaus noch stärker vernetzt werden soll, wie Martina Radgen berichtet: „Es ist so: Für die Motivation von Jugendlichen zur eigenen Mitarbeit ist das Seminar seit 20 Jahren sehr wertvoll.“
Und so fahren heutzutage neben den Hauptamtlichen regelmäßig bewährte ehrenamtliche Jugendmitarbeitende mit, nicht wenige zum wiederholten Mal. Sie leiten alle Programmpunkte auf Augenhöhe mit den „alten Hasen“ und bringen sich mit eigenen neuen Ideen ein. Das aber gilt auch für weitere Pfarrpersonen wie Matthias Gärtner oder Ulrike Mey oder Gemeindereferent Thorsten Mebus. Dirk Nising: „Wir sind ein echtes gemeindeübergreifendes Leitungsteam und auch dieses Miteinander ist beispielhaft und ein Seminar-Erfolgsmodell!“
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Untrennbar mit dem Neuntageseminar verbunden ist sein Ort: Seit 1999 ist dies das Freizeitheim „Haus Heliand“ des Ev. Jugendwerk Hessen in Oberursel-Oberstedten. Klaus Neumeier: „Die Rahmenbedingungen mit Tagesraum, Gruppenräumen, Kleingruppenräumen und dem tollen Außengelände am Waldrand ist für alle Elemente des Seminars ideal. Vor allem aber ist die gute Atmosphäre des Hauses ein echter Pluspunkt für alle inhaltliche Arbeit. Wir sind sehr froh, immer hierher kommen zu können und hier ein so tolles Team vorzufinden!“
Seit 1999 sind bis heute 982 Jugendliche als Teilnehmende mit auf das Osterseminar gefahren. Als Teamer waren 37 Ehrenamtliche und 11 Hauptamtliche sowie 3 Praktikanten mit dabei gewesen, Martina Radgen und Klaus Neumeier tatsächlich auf allen 20 Seminaren! Viele Jugendliche sind nach der Konfirmandenzeit auf Freizeiten, in Chören oder Jugendkreisen aktiv geblieben, vor allem aber haben rund 20%, also ca. 200 Jugendliche, im Anschluss an ihre Konfirmation eine Jugendleiterausbildung gemacht und mindestens bis zu ihrem Schulabschluss in den Bad Vilbeler Gemeinden und im Ev. Jugendwerk engagiert mitgearbeitet. Neun frühere Seminarteilnehmende studierten Theologie für Pfarr- oder Lehramt oder Ev. Gemeindepädagogik.