Rückblick:
Eigentlich habe sich die 7-Tage-Woche mit dem Ruhetag bewährt, nicht einmal die Französische Revolution und die Sowjetunion hätten sie in ernsthaften Modellversuchen abschaffen können. Allerdings, so Neumeier, gehe es Christen beim Sonntag gar nicht in erster Linie um den Ruhetag, sondern um die wöchentliche Feier der Auferstehung Jesu.
Man musste es sich schon wirklich vorgenommen haben, am vergangenen Sonntag Nachmittag zu Kirche anders in den dunklen Gemeindesaal der Ev. Christuskirchengemeinde zu kommen: Draußen bescherte die Sonne einen goldenen Oktobertag, die Geschäfte in Bad Vilbel und vielen anderen Orten hatten geöffnet und in Dortelweil lud zudem noch die Wellnessmesse ein, sich etwas Gutes zu gönnen. Offensichtlich aber hatten es sich sehr viele vorgenommen, genau zu diesem Sonntagsthema in die Kirche zu gehen.
Nach den einleitenden Musikbeiträgen von „Soulflash“ aus Karben stimmte die (leider namenlos gebliebene) Modellfamilie aufs Nachmittagsthema ein: Fünf Minuten vor Ladenöffnung begann der "Schalchtplan": Der Sturm auf die Wühltische begann und mit „feindlichen Übernahmen“ wurden sogar andere Kunden Jacken vom Leib und Socken aus den Händen gerissen. Nach wenigen Minuten war die Liste abgearbeitet – und das schneller als eine Woche zuvor in der Nachbarstadt… Sonntagseinkauf als Familienevent und sportliche Herausforderung, vorgespielt von Sylvia, Michael und Carolin Pröbstel, von Anja Seybold, Simone Appel und Lena Diemerling.
Klaus Neumeier ging die Sache in seiner Predigt dann grundsätzlicher an: Eigentlich habe sich die 7-Tage-Woche mit dem Ruhetag bewährt, nicht einmal die Französische Revolution und die Sowjetunion hätten sie in ernsthaften Modellversuchen abschaffen können. Allerdings, so Neumeier, gehe es Christen beim Sonntag gar nicht in erster Linie um den Ruhetag, sondern um die wöchentliche Feier der Auferstehung Jesu. Seit die ersten christlichen Gemeinden den Ruhetag vom Sabbat auf den Sonntag gelegt hätten, wäre er ein Glaubens-Feiertag geworden. Trotzdem habe auch für Christen der alttestamentliche Ruhetag seine Bedeutung. Der Mensch als Einzelner brauche ihn, denn „wir alle leben in den Rhythmen von Ruhe und Arbeit, von Aktion und Kontemplation“. Darüber hinaus sei er für die ganze Gesellschaft wichtig, so Neumeier: „Es ist eben nicht dasselbe, ob jeder an irgendeinem Tag frei habe, oder ob das gesamte gesellschaftliche Leben an einem Sonntag zwar nicht ganz zur Ruhe komme, aber doch stark verlangsamt, stiller und insgesamt beruhigt werde“.
In diesem Sinne forderte Neumeier keinen völlig arbeitsfreien Sonntag – „das ist ohnehin nicht zu verwirklichen, weil wir an viel zu viel Stellen auf Sonntagsarbeit angewiesen sind“, aber doch einen Tag der individuellen und gesellschaftlichen Ruhe. Ob der persönliche Sonntag dies sei, sollten doch alle Besucher anhand eines eigens angefertigten Beobachtungsbogens die kommenden sechs Wochen testen, so die Anregung von Neumeier, die eigene Sonntagspraxis zu reflektieren.
Das nächste Kirche anders findet am 5. November statt, dann mit dem nächsten gesellschaftlich höchst relevanten Thema: „Depression – wenn Traurigkeit zur Krankheit wird“
Lutz Rosenkranz