Rückblick:
Gefeierte Musicalaufführungen der Kinder und Jugendlichen der Ev. Christuskirche im Vilbeler Kurhaus.
Als nach über zwei Stunden Musik und Theater stehende Ovationen den Mitwirkenden für das Musicalerlebnis dankten, da stand den Kindern und Jugendlichen der „Happy Singers“ das Strahlen in ihre Gesichter geschrieben. Sie hatten sich den Beifall für ihre beiden großen Aufführungen im Bad Vilbeler Kurhaus redlich verdient, hatten sie doch schauspielerisch und gesanglich eine mehr als überzeugende Darbietung geboten.
„Dies hätte auch in den Rahmen der Burgfestspiele gepasst“, meinte dem entsprechend eine Besucherin beim Verlassen zu ihrer Begleiterin.
Die alttestamentliche Geschichte von Joseph war den meisten Besuchern vermutlich mehr oder weniger gut bekannt, gehört sie doch zu den üblichen Unterrichtsstoffen des Religionsunterrichts auch in der Schule. In der Inszenierung auf der Kurhausbühne aber kamen dann doch immer wieder neue Akzente dazu. So sinnierte Simeon (dargestellt von Hanna Apel) – einer der zwölf Brüder von Vater Jakob – ob man sich nicht lieber einfach in die Sonne legen und Urlaub machen sollte, statt Schafe zu hüten und Felder zu ernten.
![]() |
![]() |
Doch für solch unsinnigen Ideen wurde er von seinen Brüdern natürlich für verrückt erklärt: „Und andere kommen dann durch die Luft hier hergeflogen und machen Urlaub in der Sonne, was?“ Aber neben solchen eingestreuten und dankbar lachend aufgenommenen Übertragungen in unsere Zeit blieb der Text der Handlung dicht am biblischen Geschehen. Klaus Neumeier, Leiter der „Happy Singers“ und der beiden Aufführungen, hatte die Theaterdialoge und die reflektieren Szenen vor dem geschlossenen Vorhang selbst geschrieben, während die Musik weitgehend von Ruthild Wilson stammte.
Die 42 Kinder und Jugendlichen zwischen sieben und vierzehn Jahren wussten in allen Belangen voll zu überzeugen. Im Vordergrund stand dabei natürlich Joseph, der von Annika Küss gespielt wurde. Die zwölfjährige hatte nicht nur eine enorme Textmenge zu bewältigen, sondern brillierte vor allem mit zwei großen Sololiedern als Gefangene in Ägypten und beim Wiedersehen mit ihren Brüdern während der Hungersnot.
Ihr zur Seite standen die elf Brüder, angeführt von Lasse Reuß als dem Ältesten, die sich über ihren Bruder aufregten, ihn als „Crazy boy“ besangen und schließlich an eine Karawane nach Ägypten verkauften. Begleitet von orientalischen Klängen kam sie durch den langen Kurhausgang zur Bühne, mit Kamel und diversen Händlern, die keine Moral im Sinn hatten, sondern lediglich das Geschäft: „Als ob zu irgendeiner Zeit sich Kaufleute an irgendeinem Ort Gedanken machen würden, auf welche Weise sie zu Geld kommen. Hauptsache, die Kasse stimmt am Ende“ (Isabelle Neufang als Händlerin) und Lena Wittchen ergänzt als Kollege: „Ja, philosophische Überlegungen über Gerechtigkeit und fairen Handel sind nicht unser Ding, alles Schnickschnack. – Also: Was wollt ihr für den Typ?“ Und so wird Joseph verkauft und die Brüder ersinnen eine tödliche Unfallgeschichte. Voller Trauer nimmt Vater Jakob (gespielt und gesungen von Tina Schörner) die Nachricht vom vermeintlichen Tod Josephs entgegen – und die Brüder spielten die Betroffenen: „Kopf hoch, alter Mann, das wird schon wieder“.
![]() |
![]() |
![]() |
Joseph aber wird Obersklave bei Potifar (Annika Meffert) in Ägypten, bis dessen Frau ihn vergeblich zu verführen sucht. „Ich bin so schön“ sang Wiebke Schmidt und umgarnte Joseph, der sich aber nicht auf sie einlässt und dafür im Gefängnis landet. Dort deutet er Mitgefangenen ihre Träume und wird deswegen Jahre später zum Pharao (Pia Neumeier als sehr machtbewusster Pharao) gerufen, um diesem seine merkwürdigen Träume von fetten und mageren Kühen zu deuten. „Ich kann es nur mit Gottes Hilfe“ sagt Joseph und weist den Pharao auf die kommende Hungersnot hin. Er wird zweiter Mann in Ägypten und kommt zu hohem Ansehen. Als seine Brüder dann kommen und Getreide kaufen wollen, erkennen sie ihren verstoßenen Bruder nicht und werden von ihm mehrfach auf die Probe gestellt, bis er sich zu erkennen gibt. „So ist Versöhnung“ singt der Chor mehrstimmig und leitet über zum Gotteslob „Lobe den Herrn meine Seele“. Am Ende ist auch Vater Jakob in Ägypten und Joseph erinnert sich an die Wege, die Gott ihn geführt hat: „Über alle Zeiten hinweg war er da und hat mich geleitet und begleitet“.
![]() |
![]() |
![]() |
Auch den Beifall der Anwesenden begleitet die Musicalband der Gemeinde, die von Thorsten Mebus wie gewohnt perfekt vorbereitet und gecoacht worden war: Jan Schmitt am Keyboard, Uwe Schmidt an der Gitarre, Stephan Wolpert am Bass und Gerald Wollmann am Schlagzeug überzeugten in allen Belangen, begleiteten die Sängerinnen und Sänger dezent und hatten zugleich ihre Soloeinlagen und Instrumentalspiele.
Viel Grund zu Danken hatte Klaus Neumeier den vielen Mitwirkenden hinter den Kulissen: Kai Schneider und Maurice Bourgeon für eine perfekte Ton- und Lichttechnik, Martina Radgen und Matthias Meffert und ihrem Team für die Arbeit hinter den Kulissen, Christiane und Sabine Meffert für Kulissen und Kostüme, Nicole Apel für die Theatereinstudierung – und nicht zuletzt ganz vielen Eltern für ganz viele unterstützende Arbeiten in den Wochen vor der Aufführung. Klaus Neumeier: „Der größte Dank aber gilt den Kindern und Jugendlichen der Happy Singers für ihr ganz tolle Engagement in den letzten Wochen und die große Konzentration bei den langen Aufführungen.“
Doch auch ihm wurde gedankt, gehört doch eine solche Musikarbeit nicht zu den üblichen Aufgaben eines Gemeindepfarrers. „Das ganze Projekt zeigt, wie lebendig diese Gemeinde ist und in welch guter Atmosphäre hier miteinander umgegangen wird“ zeigte sich eine Mutter begeistert über das gelungene Projekt. „Aber jetzt sind erst einmal Sommerferien, bevor es dann mit dem neuen Weihnachtsprogramm weitergeht“ resümierte Klaus Neumeier und lud alle Kinder ab der zweiten Klasse zum Neubeginn im August ein.
Lutz Rosenkranz